Brunnenkresse - Schärfe aus klarem Wasser
Brunnenkresse (Nasturtium officinale) ist eine mehrjährige, krautige Wasserpflanze aus der Familie der Kreuzblütler. Sie wächst bevorzugt in kühlen, sauerstoffreichen Fließgewässern mit kalkhaltigem Untergrund und bildet dichte Bestände mit sattgrünen, gefiederten Blättern. Ihre weißen, traubigen Blüten erscheinen im späten Frühjahr. Der Geschmack der rohen Blätter ist würzig-pfeffrig – vergleichbar mit einer Mischung aus Rettich und Senf.
Heilkunde und Geschichte
Brunnenkresse gehört zu den ältesten bekannten Heilpflanzen Europas. Schon in der Antike wurde sie gegen Skorbut, Fieber und Hautkrankheiten empfohlen. Ihre scharfen Inhaltsstoffe – darunter Senfölglykoside – wirken antibakteriell, blutreinigend und appetitanregend. Im Mittelalter fand sie sich in fast jedem Klostergarten. Hildegard von Bingen und Paracelsus schätzten sie gleichermaßen.
Im 19. Jahrhundert erlebte die Pflanze ihre industrielle Blütezeit: In England entstanden regelrechte Brunnenkresse-Gärten mit flachen Wasserbecken und Kanälen, speziell zur Versorgung der Städte. In London galt sie als „Arme-Leute-Gemüse“, weil sie preiswert und vitaminreich war. Die Nachfrage war so groß, dass sogar eigene Eisenbahnlinien („Watercress Line“) zur Belieferung gebaut wurden.
Heute wird sie – trotz rückläufigem Anbau – wiederentdeckt: in der Wildkräuterküche, bei gesundheitsbewussten Konsumenten und in der permakulturellen Selbstversorgung.
Kulinarische Verwendung
In der Küche ist Brunnenkresse ein echtes Frischewunder. Die jungen Blätter werden roh verwendet, idealerweise direkt nach der Ernte. Sie verfeinern:
- Frühlingssalate
- Butterbrote und Quark
- Eierspeisen
- Kartoffel- oder Cremesuppen
- Pesto oder grüne Smoothies
Gekocht verliert Brunnenkresse ihr typisches Aroma, weshalb sie meist roh oder nur kurz untergemischt wird. In Frankreich gilt sie als klassische Zutat für Potage Crécy (Karottensuppe), in England für Watercress Soup – eine samtige Suppe mit Sahne und Kartoffeln. Auch in Sprossenform ist sie beliebt, etwa als keimfähiger Samen in der Küche gezogen.
Auf Wochenmärkten und in gut sortierten Bioläden wird sie saisonal angeboten. Wer Zugang zu sauberem, kühlem Quellwasser hat, kann sie auch selbst kultivieren – etwa in bepflanzten Bachläufen oder kleinen Wasserbecken mit Umwälzung.
Mehr als ein Wildkraut
Brunnenkresse ist nicht nur würzig, sondern auch geschichtlich interessant: Ein kulinarischer Bogen von der Klostermedizin über die Armenküche bis zur modernen Kräuterpädagogik. Wer ihr begegnet – am Bach, auf dem Teller oder in alten Rezepten – trifft auf eine Pflanze, die zu Unrecht fast in Vergessenheit geraten ist.
Autorin: Caroline Haller für www.einrichtungsbeispiele.de